Erfolgsstrategien und Selbstboykott
Cornelia Sollfrank
Wie entkomme ich dem Kunstmarkt und werde gleichzeitig eine erfolgreiche Künstlerin?
Veröffentlicht in: 'Kunstreport', Heft 1, 2001, Hrsg.: Deutscher Künstlerbund, Berlin
Bei der Frage des Untertitels handelt es sich nur scheinbar um einen Widerspruch. Zwar tut man grundsätzlich gut daran - will man als
KünstlerIn zu Lebzeiten erfolgreich sein, bzw. zumindest sich ein bescheidenes Einkommen durch seine künstlerische Arbeit sichern -
nicht allzu innovativ zu sein, doch die grossen Erfolge lassen sich genau mit der Art von Kunst verbuchen, die sich nicht darauf
beschränkt, lediglich neue Inhalte und Formen anzubieten, sondern das Kunstsystem als solches in Frage stellt. Trotzdem, Erfolge werden
gemacht, und sie werden nur gemacht, wenn sich diejenigen, die sie machen, ausreichend Belohnung davon versprechen. Und lässt die
bahnbrechend neue Kunst zumindest einige der Parameter des Systems unangetastet, wird sie sicher leichter einzuverleiben und in Form
von verkäuflichen Häppchen erfolgreich wieder auszuspucken sein.
Neben Problemfällen wie sie zum Beispiel alle ephemeren Kunstformen darstellen, hat sich die Unterwanderung des Künstlerbildes, das den
Künstler als genialen Autor zelebriert, als besonders unverdaulich herausgestellt. Kollektive künsterlische Praxis und vernetztes Arbeiten
stehen für diese Tendenz. Mit ihr einher gehen Bestrebungen in Form von Netzwerken eigene Kontexte und Kommunikationsstrukturen zu bilden.
Ausgangspunkt für diese Praxis ist dabei oft die Erkenntnis, dass es weniger darum geht, Antworten oder fertige Produkte zu liefern,
sondern gesellschaftliche Entwicklungen mit einem unabhängigen Diskurs zu begleiten. Und dieser Diskurs wird nicht von einer Person und
einer Disziplin gebildet, sondern lebt von der Vielfalt unterschiedlichster Positionen. Die Konstellationen der Zusammenarbeit sind
variabel und der Grad der Kollaboration kann von gemeinsamer Autorenschaft bis zu informellem Austausch reichen. Was alle Kollaborationen
gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sie aus einem inhaltlichen Interesse heraus entstehen und sich nicht als übergeordnete
Interessenvertretung verstehen, wie dies zum Beispiel bei den Berufsverbänden der Fall ist.
Gibt es nun ein Verhältnis dieser selbstorganisierten Strukturen zum traditionellen Kunstbetrieb? Und wie sieht es aus? Oder impliziert
ein Bewusstsein für und das Arbeiten an eigenen Strukturen nicht automatisch einen Kunstbegriff, der sich bereits zu weit entfernt hat
von den Grundbedingungen eines Betriebssystems, das immer noch individualistische und authentische Produktion bevorzugt, und Wert darauf
legt, einen Autor und ein Werk identifizieren zu können? Andererseits, was haben Netzwerke und kollektive Praxis KünstlerInnen zu bieten?
Und lohnt es sich wirklich, seine kostbaren Ressourcen in ihre Verwirklichung zu investieren?
Grundlage meiner Überlegungen ist meine inzwischen fast 10jährige Erfahrung mit unterschiedlichen Formen kollektiver Praxis, die in den
letzten vier Jahren hautpsächlich der Aufbau des Old Boys Network ausmachte. Parallel dazu verfolge ich meine individuelle künstlerische
Arbeit, die sich mit den Themen Künstlerbild und Imagekonstruktion, Medienhypes und den subversiven Potentialen neuer Medien befasst.
Beide Arbeitsformen laufen nicht nur parallel, sondern bedingen und befruchten sich gegenseitig, aber sie konkurrieren auch. Im Folgenden
werde ich hauptsächlich den Teil meiner Arbeit vorstellen, der durch Kollaboration und kollektive Praxis entstand und sich mit sozialer
und technischer Vernetzung beschäftigt.
Die erste Künstlerinnengruppe gründete ich 1990 mit neun anderen Frauen an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Obwohl der Name
frauen-und-technik vermuten ließ, dass wir uns mit der Geschlechterfrage in bezug auf neue Technologien beschäftigten, fungierte der Name
lediglich als Aufhänger. Wir arbeiteten kaum inhaltlich an dem Thema, das wir uns zum Namen gemacht hatten, sondern konzentrierten uns
auf die Frage der Repräsentation. Grundlage unserer Arbeit waren Strategien von Marketing und Werbung, die Ende der 1980er Jahre mit
Schlagworten wie "Corporate Identity" oder "Corporate Design" immer deutlicher in Erscheinung getreten waren. Ein eindeutiges Zeichen
(Logo) oder Erscheinungsbild (Corporate Identity) durch Farbe, Schrift, Kleidung etc. zu kreieren, das stellvertretend für die Philosophie
einer Firma oder für die Qualität eines Produktes stand, erhöhte den Wiedererkennungswert der Firma bzw. des Produktes und half damit dem
Kunden bei einer Kaufentscheidung. Damit einher ging die Entwicklung von Kunst- und Kultursponsoring. Durch die Verbindung des Firmenlogos
mit einem Kunstwerk erfolgte ein Transfer der Werte, die mit Kunst in Verbindung gebracht werden, auf das Image der Firma. Der daraus
resultierende Werbeeffekt konnte für eine eindeutige Zielgruppe definiert werden. f.u.t benutzte diese Techniken, um sie als solche
aufzuzeigen, was den zusätzlichen Effekt hatte, dass sie für uns auch in ihrer ursprünglichen Weise funktionierten. Sie machten uns
relativ schnell bekannt, und wir wurden bereits drei Monate nach unserer Gründung dazu eingeladen, für das Kunstfernsehen der documenta
IX - die Piazza Virtuale (Konzeption van-Gogh-TV) - Beiträge zu produzieren.
Aus frauen-und-technik ging 1993 eine neue Künstlerinnengruppe hervor. -Innen konzentrierte sich, zumindest bei der Wahl des Namens, auf
die Debatte um weibliche Repräsentation in der Sprache und damit auf einen feministischen Aspekt. Im Zentrum von -Innen stand die
Konstruktion einer gemeinsamen Identität. So übersteigerten wir mit -Innen das Prinzip der Uniformierung, indem wir unser Erscheinungsbild
möglichst aneinander anglichen. Viele wurden zu einer, die sich wiederum vervielfältigte. Aber -Innen arbeitete nicht nur mit diesen
Oberflächen, mit der Konstruktion und Dekonstruktion von Identitäten, mit der Kollektivierung von Autorschaft, sondern betrieb auch
medienkritische Auseinandersetzungen. Gegenstand unserer künstlerischen Forschung, Performances und Interventionen war größtenteils
das Fernsehen. Unter dem Titel "Narzissmus in den Medien am Beispiel Fernsehen" entwickelten wir eine Theorie zum Fernsehen, die wir
performativ erläuterten. Kurze Zeit später starteten wir den Versuch, unsere künstlerische Theorie in das Medium Fernsehen zu übertragen
und vier einstündige Sendungen für das Hamburger Kabelfernsehen entstanden. Darüber hinaus betrieb -Innen auch Interventionen im realen
Raum, meist ausserhalb des Kunstkontextes, wie z.B. auf der Computermesse Cebit in Hannover.
Beide Gruppen, sowohl frauen-und-technik als auch -Innen definierten sich als geschlossene Künstlerinnengruppen mit strengen
Übereinkünften hinsichtlich Organisationsform und Repräsentationspolitik. Mit unserer kollektiven Praxis suchten wir die privilegierte
Stellung des meist männlichen Künstler-Subjektes bzw. Genies in Frage zu stellen. Und wir praktizierten ein Cross-over, indem wir den
traditionellen Kunstraum verliessen und uns in unterschiedliche andere Kontexte begaben (z.B. Fernsehen oder Messe). Im Gegensatz zu
vielen Gruppen, die in dieser Zeit entstanden, deren kollektive Arbeitsformen gleichzeitig Ausdruck ihrer politischen Inhalte war,
bearbeiteten wir selten direkt politische Inhalte, verfolgten aber durch unsere Arbeits- und Organisationsform eine politische
Strategie.
Nachdem sich -Innen 1996 offiziell aufgelöst hatte, war ich einerseits daran interessiert, kollektives Arbeiten weiterzubetreiben,
andererseits erschien mir die Vorstellung einer weiteren Gruppe nicht mehr attraktiv. Es entstand die Idee, ein Netzwerk aufzubauen, was
eine wesentlich offenere Organisationform darstellt, indem Personen und Arbeiten zwar verbunden werden, aber nicht zwangsläufig eine
gemeinsame Autorschaft angestrebt wird. Einige Mitglieder von -Innen (Ellen Nonnenmacher, Susanne Ackers, Cornelia Sollfrank) und der
australischen Künstlerinnengruppe VNS Matrix (Julianne Pierce und Josephine Starrs) waren im Frühjahr 1997 in Berlin Gründungsmitglieder
des Old Boys Network. OBN bezeichnet sich als die erste internationale cyberfeministische Allianz und ist ein Netzwerk von
Theoretikerinnen, Künstlerinnen und Aktivistinnen. Das Old Boys Network widmet sich der Aufgabe, reale und virtuelle Orte zu schaffen, an
denen Cyberfeministinnen forschen, experimentieren, schaffen, kommunizieren und agieren können. Das integrative Moment von OBN bildet der
Begriff Cyberfeminismus, für den es zwar keine allgemein verbindliche Definition gibt, doch kann man als Charakteristikum nennen, dass
zum Cyberfeminismus der Aufbau eigener Strukturen gehört, in denen er sich verwirklichen kann. Den Cyberfeminismus einfach als Inhalt in
traditionelle Strukturen einführen zu wollen, muss zwangsläufig scheitern, da es untrennbar zum Selbstverständnis des Cyberfeminismus
gehört, die Bedingungen seiner Enstehung, seiner Entwicklung und Verbreitung mitzureflektieren. Die individuellen Ansätze bewegen sich im
Bereich feministischer Praxis unter den Bedingungen des digitalen Mediums und stehen gemäss einer 'Politik des Dissenz' gleichberechtigt
nebeneinander. Dabei gibt es nicht den einen, wahren und richtigen Cyberfeminismus. Seine Wahrheit liegt in der Vielfalt, der
Unterschiedlichkeit, im Raum zwischen den einzelnen Ansätzen. Cyberfeminismus kann somit nur im Plural existieren. Für OBN selbst gibt
es weder repräsentative Stellungnahmen noch eine einheitliche Botschaft. Form und Organisationsstruktur des Old Boys Network befinden
sich permanent im Wandel und ergeben sich aus der jeweiligen personellen Besetzung. Der Computer wird nicht nur als Mittel und Werkzeug
begriffen; besondere Aufmerksamkeit kommt den gesellschaftlichen Umwälzungen zu, die dieses Medium ausgelöst hat. Zentraler Aspekt der
Arbeit von OBN ist der experimentelle Umgang mit Netzwerkstrukturen auf unterschiedlichen Ebenen.
Die Motivation, an eigenen Strukturen zu arbeiten, kann die sein, eine Alternative zum Bestehenden (z.B. Kunstbetrieb) zu schaffen, also
eine Anti-Haltung. Letztendlich wird es aber immer eine Parallelstruktur sein, die dem Bestehenden etwas hinzufügt. Was hinzugefügt wird,
ist ein neuer, eigener Kontext. Tatsächlich unabhängige Strukturen kann es nicht geben, denn jede künstlerische Existenz unterliegt nicht
nur ökonomisch gesehen dem Kunstmarkt (als Markt betrachte ich nicht nur Museums-, Galerie-, Ausstellungsbetrieb, sondern auch Ausbildung,
Stipendien, öffentliche Förderung, Lehre, Sponsoren und das gesamte Publikationswesen im Kunstbereich), sondern stellt auch durch ihre
Arbeit vielfache Bezüge her.
Der eigene Kontext entsteht durch Treffen und Auseinandersetzungen an realen Orten (Symposien, Konferenzen) und an virtuellen Orten
(Internet) sowie Äusserungen und Veröffentlichungen. Innerhalb des Netzwerkes werden Eigengesetzlichkeiten für die Arbeit und
Organisationsform entwickelt und experimentell erprobt. Insgesamt verschafft ein Netzwerk, das unter einem eingängigen Label operiert,
den einzelnen, dort vertretenen Arbeiten eine größere Präsenz. Darüber hinaus etabliert und verdichtet es einen Diskurs, aus dem
idealerweise neue Arbeiten entstehen. Oftmals wird das Netzwerk selbst als Kunstwerk betrachtet. Wesentlicher Bestandteil einer solchen
Organisationsform sind die Möglichkeiten der elektronischen Vernetzung, die unabhängig vom traditionellen Kunstbetrieb, von kuratierenden
Entscheidungsprozessen, von üblichen Disziplinen und Kategorisierungen, eine Arbeit/ Zusammenarbeit erlauben und dieser gleichzeitig eine
öffentliche Präsenz verschaffen.
In welchem Verhältnis aber stehen die selbstorganisierten Strukturen zum traditionellen Kunstbetrieb? Stella Rollig schreibt dazu
treffend: "Was als Gegenentwurf zum Warencharakter der Objektkunst entwickelt worden war, hatte dennoch schon bald einen eigenen Markt
kreiert: einen Umschlagplatz für Vorträge und Diskussionsstatements, auf dem Image, Markenzeichen und Aura einzelner Personen den
Markt- und Kultwert des ästhetischen Produktes ersetzten und wo heftig um Positionierung konkurriert wurde."(1) Sie bezieht sich damit
auf eine Entwicklung der 1990er Jahre, die Prozesshaftigkeit, Kommunikation, Politisierung und Diskurs in den Vordergrund rückte und von
vielfältigen Kollaborationen gekennzeichnet war. Diese Kunst, die sich selbst vielfach gar nicht mehr als solche betrachtete, fand zwar
am Rande des allgemeinen Kunstbetriebes statt, dennoch wurde sie ebenfalls von seinen Regeln getragen und teilweise sogar von diesem als
Modeerscheinung wieder vereinnahmt. Meist junge Ausstellungsmacher schätzen Formen wie 'Kunstraum als sozialen Begegnungsraum', Symposien,
Workshops, Diskussionen, Experimentierwerkstätten, temporäre Medienlabors, Filmscreenings etc., weil es lebendige Formen sind, die das
Kunstpublikum verjüngen und zusätzlich kostengünstig realisiert werden können. Ein weiterer Aspekt ist, dass nicht nur neue Formate,
sondern auch neue Inhalte und Personen über alternative Strukturen Eingang in den traditionellen Betrieb finden. Überspitzt formuliert
kann ein politisches Engagement in der Kunst dann nachträglich wie eine strategische Plazierung wirken. Eine zur Schau getragene
Anti-Haltung, ein Aussenseitertum, das dem Image des 'Avantgardisten' auch im 21.Jahrhundert noch zuträglich ist.
Subversive Praxis führt aber nicht zwangsläufig zum Erfolg. Und Vernetzung und die Sichtbarmachung des Netzes entstehen nicht von selbst.
Es fordert einen hohen Einsatz an Kommunikationsarbeit, Auseinandersetzung, Kosten für Technik, Administration und Reisen, um ein Netzwerk
aufzubauen und am Leben zu erhalten. Alle Investitionen in die Organisationsstruktur müssen von der individuellen Arbeit und der damit
verbundenen Möglichkeit, sich als Autor/in weiter zu entwickeln und zu profilieren abgezogen werden - ein Umstand, der meist keine
Berücksichtigung findet, wenn oberflächlich über die Segnungen der Vernetzung gesprochen wird. Ausserdem werden die organisatorischen und
verwalterischen Arbeiten in der Regel von wenigen gemacht, von deren Dienstleistung das restliche Netzwerk profitiert. Nach einigen Jahren
steht die Entscheidung an, entweder die Managementarbeit zu professionalisieren und damit die vormals unabhängigen Strukturen zu
etablieren oder wieder aufzulösen.
Die Frage, für welche KünstlerIn es Sinn macht, ihre kostbaren Ressourcen in ein Netzwerk bzw. Kollaborationen zu investieren, kann
deshalb auch nicht einfach beantwortet werden. Kollektives arbeiten bietet die Möglichkeit, die Grundelemente politischen Handels zu
erfahren: Wie menschliches Zusammenleben und -arbeiten organisiert und strukturiert wird, wie Macht entsteht, wie man damit umgeht und ob
es 'ein richtiges Leben im falschen' geben kann, sind Fragen, auf die nur durch Praxis individuelle Antworten gefunden werden können. Ob
das alles etwas mit Kunst zu tun hat oder nicht, hängt mit dem jeweiligen Kunstbegriff zusammen. Und was hat es mit Politik zu tun?
Genauso wie man die Erweiterung des traditionellen Kunstbegriffes untersuchen und diskutieren sollte - Parameter des Kunstbetriebes wie
Autorenschaft, Original, Werk und materielle Verwertbarkeit künstlerischer Arbeit - kann sich das Politikverständnis durch vernetzte
Praxis verändern und erweitern. Stellt man sich Politik als etwas vor, das mit Verwirrung, Enttäuschung, Provokation, Ungeduld und
Aufregung arbeitet und auch spielt, also weder Theorien und Forderungen aufstellt, noch Anweisungen und Antworten gibt, nähert man sich
einer Definition von Politik, die gewissen Definitionen von Kunst nicht unähnlich ist. In diesem Sinne kann künstlerische Praxis mit
politischer Praxis ineinandergreifen bzw. sich gegenseitig ergänzen.
Wie ich bereits eingangs erwähnte, arbeite ich selbst parallel mit unterschiedlichen Strategien und Arbeitsweisen. Das heisst einerseits
individuelle Fragestellungen und Projekte zu entwickeln und mich damit auch dem Kunstbetrieb auszusetzen, andererseits mit anderen
zusammen eigene Strukturen aufzubauen. Ebenso wie meine individuelle Arbeit oft Gegebenheiten des Marktes aufzugreifen und zu unterwandern
versucht - ich mich damit gewissermassen selbst boykottiere - bleiben die sogenannten 'autonomen' Strukturen nicht wirklich unabhängig
vom Markt. Es herrschen vielfältige Bezüge untereinander. Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang oft stellt, ist die, ob es sich bei
einem Netzwerk wie dem Old Boys Network zum Beispiel um ein Kunstwerk handelt, denn traditionell wird strukturbildende Arbeit nicht als
Kunst wahrgenommen. Die oben erwähnten Tendenzen der 1990erJahre-Kunst haben das allerdings ein wenig aufgebrochen. Auch mit
redaktioneller, vermittelnder oder theoretischer künstlerischer Arbeit kann ein/e KünstlerIn heute zunehmend Anerkennung bekommen (wenn
auch leider im 21. Jahrhundert bereits wieder ein Backlash in dieser Entwicklung zu verzeichnen ist). So werde ich in meiner Rolle als
Initiatorin von OBN als Künstlerin rezipiert und erweitere damit vorgegebene Rollen und Wirkungsfelder. Dies funktioniert aber nur, so
lange ich zusätzlich eine individuelle Arbeit leiste, die mich als individuelle Autorin identifizierbar macht. Ich kann meinen
Handlungsspielraum also erweitern, gleichzeitig verschärft dies meine ökonomische Situation, denn ich baue nicht nur an den Strukturen der
Vernetzung, sondern verfolge darüber hinaus mein eigenes 'Werk' - eine Strategie, die doppelte Anstrengung bedeutet, keinesfalls aber
doppelten Erfolg garantiert.
(1) Stella Rollig: Diskurs, Diskussion, Kommunikation, Hamburg 1999
Links:
www.medialounge.net, Datenbank von 250 europäischen media art labs und Netzwerken
www.obn.org